Super GAU für Notfallopfer

18. April 2011

Scharfe Kritik übt die Björn Steiger Stiftung an der vom Bundesrat in seiner Sitzung am 15. April verabschiedeten Novelle des Telekommunikationsgesetzes. Die vom Bundesrat im Gesetzentwurf eingebrachten Änderungen verschlechtern nach Ansicht der Stiftung die Situation für Menschen im Notfall sogar noch deutlich. Der Gesetzesentwurf erschwere die genaue Ortung von Menschen, die die Notrufe 112 oder 110 wählen, kritisiert Stiftungspräsident Pierre-Enric Steiger.

So sieht die aktuelle Fassung des Telekommunikationsgesetzes ausschließlich die ungenaue Ortung auf Basis der Funkzellenortung vor. Diese Positionsbestimmungen können vor allem in ländlichen Gebieten bis zu 12 Kilometer vom Standort des Notrufenden abweichen und erfordern einen erhöhten Suchaufwand. Eine schnelle Hilfeleistung durch eine GPS basierte Ortung wird im Gesetz nicht zugelassen, obwohl damit im Notfall die Zeit bis zum Eintreffen von Rettungskräften erheblich verkürzt werden kann. Auch die Verwendung eines SMS-Notrufs, mit dem sich etwa Hör- oder Sprachgeschädigte von unterwegs bei einer Notrufzentrale melden könnten, berücksichtigt das neue Gesetz ebenfalls nicht.

„Mit der Novellierung des Telekommunikationsgesetzes wird die schlechteste Ortungsgenauigkeit festgeschrieben und für modern erklärt, die noch aus den historischen Anfängen des Mobilfunkzeitalters stammt. Die Vorschriften zum Thema Notruf zeichnen sich durch Praxisferne aus und bieten nicht die notwendigen und erwarteten Verbesserungen für Personen in Not. Gleichzeitig wird eine wirklich effektive und inzwischen weit verbreitete Art der Standortbestimmung via GPS ausgeschlossen. Mit dem jetzt vorliegenden Entwurf wird das Gegenteil erreicht: Die Qualität der Ortungsdaten sinkt technisch bedingt mit den jetzt beschlossenen Vorgaben und das vor dem Hintergrund, dass bereits heute mehr als 50 Prozent der Notrufe aus Mobilfunknetzen kommen und die meisten Anrufer ihren Standort nicht genau bestimmen können. Der Bundesrat verlängert in Unkenntnis der technischen Abläufe und realisierbaren Möglichkeiten die Suchzeit einer Person nach Eingang seines Notrufs per Mobilfunkgerät anstatt ihn zu verkürzen“, erklärt Stiftungspräsident Steiger. „Wenn der Bundestag im parlamentarischen Beratungsverfahren die Aneinanderreihung der Gesetzesmängel nicht korrigiert, werden wir im Rettungsdienst mit diesem Gesetz Notfallpatienten auf Grund des erhöhten Suchaufwands nicht rechtzeitig erreichen können. Mit diesem Gesetz werden Menschen sterben. Wenn das Gesetz in dieser Form in Kraft tritt, stellt sich für die Stiftung die Frage, ob sich die Gesetzgebungsvertreter der Bundesrepublik Deutschland nicht der vorsätzlichen unterlassenen Hilfeleistung schuldig machen könnten.“

Die Steiger Stiftung weist zudem darauf hin, dass nach dem neuen Gesetz alle Daten, die in einer Notrufzentrale eingehen, im Einsatzleitrechner erfasst und zum Teil bis zu 12 Monaten gespeichert und archiviert werden müssen. Gegenwärtig werden pro Jahr rund 35 Millionen Notrufe an die Notrufnummern 110/112 von Fest- und Mobilnetzen abgesetzt. Das Gesetz schreibt zudem vor, für diese 35 Millionen Notrufe eine Standortmitteilung zu übermitteln. Tatsächlich werden die Ortungsinformationen aber lediglich bei circa. 180.000 Notrufen pro Jahr tatsächlich zur Hilfeleistung benötigt. „Ich halte diese Massenortung aus datenschutzrechtlichen Gründen für sehr fragwürdig und unnötig. Anstatt ein Telekommunikationsgesetz im Bereich Notruf zu schaffen, das den Erfordernissen eines leistungsfähigen Rettungssystems in Deutschland angemessen Rechnung trägt, kreiert der Gesetzgeber nun Vorschriften, die eine wirklich effektive und schnelle Hilfeleistung im Notfall nicht gewährleistet und Datenvorratsspeicherung ohnegleichen auf den Weg bringt“, erklärt Stiftungspräsident Steiger. „Die Björn Steiger Stiftung fordert deshalb die Abgeordneten auf, weitreichende Korrekturen an der Novelle vorzunehmen und die Vorschläge der Björn Steiger Stiftung zur Gesetzesänderung und Ergänzung im Bereich Notruf im parlamentarischen Beratungsverfahren zu berücksichtigen. Die bitterste Niederlage im Rettungsdienst ist der Tod eines Notfallpatienten aufgrund von Gesetzen, die die schnellste Hilfe verhindern. Das Ziel muss es sein, im Interesse von Notfall-Personen die beste Lösung umzusetzen. Deshalb werden wir dieser aktuellen Entwicklung nicht tatenlos zusehen.“

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