Studie lässt mehr Cannabis-Fahrten nach Legalisierung befürchten

Null-Toleranz-Politik im Straßenverkehr gefordert

Jeder dritte Deutsche hat in den letzten 12 Monaten Cannabis konsumiert, fast jeder sechste Befragte konsumiert täglich. Das ist ein Ergebnis einer repräsentativen Befragung, die die Unfallforschung der Björn Steiger Stiftung in Auftrag gegeben hat. Nur 9 Prozent aller Befragten hat allerdings vor, nach der Teil-Legalisierung mehr zu konsumieren. Besorgniserregend jedoch: In der Altersgruppe der unter 20-Jährigen waren dies 22,5 Prozent.

Aus Sicht der Verkehrssicherheit sind die Ergebnisse bedenklich: So gaben knapp ein Viertel der Befragten an, schon unter Einfluss von Cannabis Auto oder Motorrad gefahren zu sein. Zwar glaubt auch nur ein ähnlicher Prozentsatz, dies auch nach der Legalisierung zu tun, allerdings sind weitere 12 Prozent noch unentschieden über ihr weiteres Verhalten. Besonders kritisch dabei: Über 40 Prozent der Cannabis-Konsumenten trinkt gleichzeitig auch Alkohol, bei den unter 20-Jährigen über 70 Prozent.

Für Siegfried Brockmann, Geschäftsführer Verkehrssicherheit und Unfallforschung der Björn Steiger Stiftung, zeigt die Studie, dass nach der Gesetzesänderung „kein Dammbruch“ zu erwarten sei. Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem Bund gegen Alkohol und Drogen im Straßenverkehr (BADS) am Freitag in Berlin mahnte er gleichwohl klare gesetzliche Regelungen an: „Gerade die junge Altersgruppe ist auch unerfahren und leichtsinnig. Cannabiskonsum und Autofahren, erst recht in Verbindung mit Alkohol, darf nicht wie ein Kavaliersdelikt erscheinen.“

Professor Reinhard Urban, Rechtsmediziner aus Mainz und Vizepräsident des BADS, machte deutlich, dass, egal welche Grenzwerte man festlege, ein Konsument im Gegensatz zu Alkohol gar nicht schätzen könne, welche THC-Konzentration sich im Blut befindet. Dies hänge mit unterschiedlichen Wirkstoffgehalten der Pflanzenteile, mit der Art des Konsums, mit subjektiven Faktoren und mit gegenüber dem Alkohol völlig unterschiedlicher Verarbeitung im Körper zusammen.

Anders als beim Alkohol, gebe es auch keine Vorkontrolle, die einen konkreten Wert anzeigt. Die Polizei müsse nun nicht nur Anzeichen für Cannabis-Konsum finden, sondern im Hinblick auf den Eingriff in die körperliche Unversehrtheit bei einer Blutprobe auch einen wahrscheinlichen Wert über 3,5 Nanogramm je Milliliter Blut erkennen können. Das sei vor allem bei länger zurückliegendem Konsum kaum möglich.

Unglücklich und von wenig Sachkenntnis geprägt seien die Gesetzesformulierungen hinsichtlich eines möglichen Verlusts der Fahrerlaubnis. Hier müsse man ausschließlich auf den Missbrauch und nicht auf eine Abhängigkeit abstellen, da diese bei Cannabis, anders als bei Alkohol, nicht als körperliche Abhängigkeit existiere. Der Missbrauch als exzessiver, regelmäßiger Konsum sei anhand des Abbauprodukts THC-Carbon messbar. Hier fehle jetzt aber ein konkreter Grenzwert: „Ein Wert von über 100 Nanogramm THC-Carbon je Milliliter Blut rechtfertigt den Verlust der Fahrerlaubnis und sollte deshalb festgeschrieben werden“, so Urban.

Angesichts des Fehlens jeglicher Möglichkeit der Selbsteinschätzung plädierten sowohl Brockmann als auch Urban für eine Null-Toleranz-Politik und damit für die Nachweisgrenze von einem Nanogramm THC je Milliliter Blut: „Kiffen und Fahren passen nicht zueinander“, so die Aussage der Experten. Eine Gleichsetzung mit Alkohol könne allenfalls darin bestehen, dort ebenfalls Fahren und Trinken strikt zu trennen.

Die Befragungsstudie finden Sie in unserem Pressekit.

Foto: Adin – stock.adobe.com

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Siegfried Brockmann, Geschäftsführer der Björn Steiger Stiftung
Siegfried Brockmann
Geschäftsführer Verkehrssicherheit und Unfallforschung
030-39821-7277s.brockmann@steiger-stiftung.de
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