Die einheitliche Notrufnummer 112 ist eine große Errungenschaft – doch der deutsche Rettungsdienst bedarf einer dringenden Reform.
Der 11. Februar ist der Europäische Tag des Notrufs 112. Unter dieser Nummer sind die Notdienste in der gesamten Europäischen Union und darüber hinaus erreichbar – ohne Vorwahl und kostenlos. Die Initiative zu dieser Notrufnummer wurde in Deutschland durch Ute und Siegfried Steiger, die Gründer der Björn Steiger Stiftung, ins Leben gerufen. Bis heute sieht die Stiftung ihre wichtigste Aufgabe in der kontinuierlichen Verbesserung des Rettungsdienstes und fordert eine grundlegende Umstrukturierung.
Björn Steiger Stiftung bringt 112 auf den Weg
Im Jahr 1991 beschloss die EU die europaweite Einführung der Notrufnummer 112. Seither können Menschen in der Europäischen Union unter dieser einheitlichen Notrufnummer aus allen Fest- und Mobilfunknetzen kostenlos Hilfe von Feuerwehr, Rettungsdienst oder Polizei anfordern. Bereits am 27. Juli 1973 verklagten Ute und Siegfried Steiger das Land Baden-Württemberg und die Bundesrepublik Deutschland vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart auf die Einführung der Notrufnummer 110/112. Obwohl die Klage abgewiesen wurde, führte sie zu einer breiten medialen Debatte und öffentlicher Unterstützung, sodass Bund und Länder am 20. September 1973 die Einführung der Notrufnummern beschlossen.
Die Notfallversorgung muss neu gedacht werden
Die Verbesserung der Notfallversorgung in Deutschland bleibt ein zentrales Anliegen der Björn Steiger Stiftung. Deutschland verfügt zwar über ein historisch gewachsenes, mehrschichtiges Notfallversorgungssystem (ambulanter Bereitschaftsdienst, stationäre Notaufnahmen, Rettungsdienst), doch diese Bereiche sind unzureichend vernetzt und koordiniert. „Obwohl Deutschland über hochqualifizierte Rettungskräfte und modernste Rettungsmittel verfügt, wird unsere Rettungseffizienz durch veraltete Strukturen und gesetzliche Rahmenbedingungen ausgebremst. Täglich sterben Menschen systembedingt, ohne dass ihre Angehörigen es erfahren“, erklärt Pierre-Enric Steiger, Präsident der Björn Steiger Stiftung.
Patientensteuerung als Dreh- und Angelpunkt optimaler Versorgung
Der Rettungsdienst wird häufig durch nicht lebensbedrohliche Einsätze blockiert, wodurch er für echte Notfälle nicht verfügbar ist. Eine allgemein bekannte, funktionierende und akzeptierte 24/7-Anlaufstelle für Hilfesuchende fehlt. „Es bedarf daher einer effektiven Patientensteuerung in den Leitstellen. Nicht in jedem Fall ist ein Rettungswagen nötig. Eine digitale Vernetzung aller Ruf- und Notrufnummern könnte den Rettungsdienst erheblich entlasten“, so Christof Constantin Chwojka, Geschäftsführer der Björn Steiger Stiftung. Neue Konzepte für die Versorgung chronisch Kranker, Pflegebedürftiger und älterer Menschen sind dringend erforderlich. Eine fallabschließende Behandlung vor Ort durch Acute Community Nurses oder Gemeindenotfallhelfer könnte wiederholte Einweisungen deutlich reduzieren.
Telefonisch angeleitete Reanimation ist unerlässlich
Die telefonische Anleitung zur Reanimation durch die Rettungsleitstellen ist entscheidend für lebensrettende Maßnahmen vor dem Eintreffen professioneller Hilfe. Doch Deutschland ist hier international schlecht aufgestellt. „Nur etwa 36 Prozent der Rettungsleitstellen haben ein etabliertes Verfahren zur telefonischen Reanimation. Alles unter 100 Prozent ist inakzeptabel und kostet Menschenleben“, mahnt Chwojka.
Ersthelfer-Alarmierungssysteme müssen vernetzt sein
Ein weiteres Problem ist die unzureichende Vernetzung der First Responder, also jener Ersthelfer, die parallel zum regulären Rettungsdienst alarmiert werden und den Zeitraum bis zum Eintreffen des Rettungswagens oder des Notarztteams verkürzen. Während zahlreiche Ersthelfer-Apps existieren, funktionieren sie meist nur lokal und sind nicht kompatibel. Zudem variieren die Qualifikationsniveaus der Ersthelfer erheblich. „First Responder müssen bundesweit über eine zentrale elektronische Schnittstelle alarmiert werden, die alle Ersthelfer-Apps integriert. Bei zeitkritischen Notfällen wie einem Herz-Kreislauf-Stillstand sollten alle verfügbaren Helfer – unabhängig von ihrem Ausbildungsniveau – alarmiert werden, um Leben zu retten“, fordert Chwojka.
Die Björn Steiger Stiftung als Treiber für Reformen im Rettungswesen
Die Björn Steiger Stiftung will den öffentlichen Diskurs über Missstände im Rettungswesen anregen. Gleichzeitig setzt sie aktiv Projekte und Initiativen um, die zur Verbesserung der Notfallhilfe beitragen. „Die Lösungen für eine dringend notwendige Reform des Rettungswesens liegen auf dem Tisch. Wir werden – wie damals bei der Einführung der Notrufnummer – so lange nicht lockerlassen, bis sie umgesetzt sind“, bringt es Pierre-Enric Steiger auf den Punkt.
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